Presse
Juni 2023
12/2023 ÄRZTE KRONE: Orthopädie in der Hausarztpraxis, Dr. Ronald Ecker, Arzt für Allgemeinmedizin und Sportmedizin, PVZ Marchtrenk: Mehr lesen
„Sportverletzungen sind im Sommer häufig“(Interview)
HAUSÄRZT:IN: Welche Bedeutung kommt Prellungen und Verstauchungen generell und in der Allgemeinmedizin bzw. der Sportmedizin zu?
Dr. ECKER: Sowohl Prellungen als auch Verstauchungen kommt in der Allgemein- und Sportmedizin schon allein aufgrund der Häufigkeit eine große Bedeutung zu. Prinzipiell handelt es sich dabei um zwei völlig unterschiedliche Verletzungen: Während Kontusionen durch stumpfe Gewalteinwirkung entstehen und das Gewebe unter der Haut mehr oder weniger schädigen, wird bei einer Distorsion ein Gelenk mit Gewalt über den physiologischen Bewegungs- umfang hinausbewegt. Dadurch entstehen an den überdehnten Bändern und an den Gelenkkapseln Zerrungen bzw. kleine Einrisse.
Welche Herausforderungen ergeben sich im Kontext von Sportverletzungen in der Praxis?
Die Herausforderung in der Praxis ist – speziell bei Verstauchungen –, klinisch zu unterscheiden, ob eine weitere bildgebende Abklärung z. B. zum Ausschluss einer knöchernen Verletzung oder eines Bänderrisses mit drohender Gelenksinstabilität erforderlich ist oder nicht. Und dann sollten natürlich adäquate und sinnvolle therapeutische Schritte gesetzt werden …
Wie ist das optimale Vorgehen, welche Therapieoptionen bieten sich an?
Als Erste-Hilfe-Maßnahme sollte man die verletzte Region ruhig stellen, hoch- lagern, kühlen und – das wird oftmals vergessen – komprimieren. Ziel dieser Maßnahmen für die ersten Minuten bzw. für bis zu 48 Stunden nach der Verletzung ist, Einblutungen ins Gewebe und Entzündungen möglichst hintan- zuhalten. Die therapeutischen Mittel sind dann insbesondere davon abhängig, wie stark das Trauma und somit die Verletzungsfolgen sind.
Wann sollte unbedingt eine Überweisung an Fachärzt:innen bzw. in eine Ambulanz erfolgen?
Ich überweise dann an einen radiologischen Facharzt bzw. in eine unfallchirurgische Ambulanz, wenn eine knöcherne Beteiligung nicht auszuschließen ist bzw. wenn – im Falle einer Distorsion gröbere Verletzungen der Gelenke selbst oder gelenknaher Strukturen nicht auszuschließen sind. Eine zeitnahe MRT ist nun mal in einem Krankenhaus bei Notwendigkeit schneller verfügbar als bei niedergelassenen Radiologen.
Welche Rolle kommt der Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen wie Physiotherapeut:innen zu?
Einen guten Teil der Behandlung biete ich selbst mittels – je nach Verfügbarkeit unterschiedlicher physikalischer Maßnahmen an. Bei stärkerer Schwellung im Bereich der verletzten Region ist eine Beschleunigung des Abtransportes der Flüssigkeit durch manuelle Lymphdrainage eine sehr effiziente Maßnahme. Ebenso Querfriktionen an den verletzten Bändern sowie Faszientherapien. Bei länger dauernder unzureichender Belastbarkeit des betroffenen Gelenks sind aufbauende Übungen im Sinne einer medizinischen Trainingstherapie sinnvoll bzw. eigentlich obligater Teil der Therapie.
Was, wenn die Patient:innen ungeduldig sind, weil sich nicht schnell genug eine Besserung einstellt?
Dann erkläre ich der Patientin/dem Patienten die Physiologie – vor allem die Phasen und die Dauer – der Gewebeheilung und biete möglicherweise weitere therapeutische Optionen an. Manchmal muss ich auch später die Indikation zu einer MRT-Abklärung stellen.
Ihr abschließender Rat an die Kolleg:innen in der Praxis?
Wenn man eine Hausarztpraxis führt bzw. vorhat, als Allgemeinmediziner in der Primärversorgung tätig zu sein, sollte man sich unbedingt möglichst intensiv mit orthopädischen und unfallchirurgischen Erkrankungen bzw. Verletzungen auseinandersetzen und eine Ausbildung in diesem Bereich absolvieren. Ein guter Teil der Patientinnen und Patienten kommt mit solchen Problemstellungen in die Praxis.
Das Interview führte Mag.a Karin Martin.
Vorbereitung auf eine erfolgreiche Sommersaison in den Bergen
Das ´Bewegen in den Bergen´ - egal in welcher Form – erfreut sich zunehmender Beliebtheit, viele Menschen sehen die Berge als Oase der Erholung und als Möglichkeit zur Flucht aus den ´stressigen Alltag´ - zu Recht. Dass alpiner Skisport viele Verletzte fordert, ist den meisten Menschen bewusst, auch Lawinenopfer erregen die Aufmerksamkeit der Medien. Unterschätzt werden die Alpinunfälle im Sommer: von 1.5. bis 9.19.2022 verunfallten immerhin 3850 Personen auf Österreichs Bergen, in diesem Zeitraum mussten auch 133 Tote beklagt werden. Hautursache von tödlichen Bergunfällen ist der ´interne Notfall´ - fast ausschließlich auf eine akute Herzerkrankung zurückzuführen.
Möchte man die Wahrscheinlichkeit reduzieren, selbst Opfer eines alpinen Notfalls zu werden, ist eine gute Vorbereitung vonnöten: diese umfasst die körperliche Vorbereitung über Monate und die unmittelbare Vorbereitung vor der geplanten Tour, zudem macht eine sportärztliche Tauglichkeitsuntersuchung Sinn. Über die Vorbereitung im Sinne einer Tour-Planung werde ich nicht schreiben, auf die beiden anderen Themen darf ich eingehen. Bezugnehmen möchte ich aufs Bergwandern bzw. Bergsteigen, die Anforderungen fürs Alpinklettern oder fürs Moutainbiken sind natürlich teilweise abweichend.
Foto © Roneck Sportmedizin
Die körperlichen Anforderungen beim Bergwandern bzw. Bergsteigen ist hoch: Ausdauer, Kraft und koordinative Fähigkeiten sind vonnöten. Die Entwicklung dieser Fähigkeiten braucht Monate – die menschlichen Organe und die Gewebe brauchen einfach Zeit zum Anpassen auf Trainingsreize.
Ich empfehle, über die Wintermonate die Grundlagenausdauer in bewusst niedriger Intensität (GA 1) zu forcieren als Basis einer guten Ausdauer-Leistungsfähigkeit. Hierbei lernt der Körper, Fett effizient zu verstoffwechseln und somit die begrenzten Kohlenhydratspeicher zu sparen – stundenlagen Anstieg werden dadurch ermöglicht. Die einfachste Art, die Intensität zu definieren, ist der sogenannte ´Sprechtest´ (….), sicherlich genauer eine Leistungstestung am Rad oder am Laufband, 60 – 75% der maximalen Herzfrequenz wäre eine weitere Definition. 3x/Woche 30 – 90min macht Sinn. Die Trainingsintensität der meisten ´Bergsportler´ ist in dieser Phase im Durchschnitt deutlich höher – das ist ja prinzipiell nicht schlecht, die wichtige Stoffwechselökonomie allerdings dann nur suboptimal entwickelt.
Die Kraft speziell der Rumpfmuskeln ist eine weitere hochrelevante Eigenschaft: Schutz vor Verletzungen und Überlastungen, Steigerung der Leistungsfähigkeit, Vorbeugung von Rückenschmerzen beim Tragen des Rucksackes. Krafttraining zumindest über die Wintermonate ist aus sportmedizinischer sehr empfehlenswert – es gäbe noch viel mehr Argumente dafür.
GA 1 - Training und Krafttraining sind wichtig, jedoch unspezifisch. Im Frühjahr soll das Training zunehmend auf die Anforderungen der geplanten Touren eingestellt werden. Die Belastungen der Bergtouren sollen zunehmend imitiert werden, am besten natürlich ist das Bewegen am Berg oder zumindest Bewegen ´im Gelände´ (wie für mich als Bewohner des Hügellands im OÖ Zentralraum). Dies fördert auch die wichtige Eigenschaft ´Trittsicherheit´, eine Untergruppe der Koordination. Ich möchte motivieren, auch jetzt noch bzw. idealerweise ganzjährig niedrigdosiertes Ausdauertraining (Gehen am Berg ist rasch mal intensiver) genauso wie Krafttraining zumindest der Rumpfmuskeln zu absolvieren.
Der plötzliche Herztod ist – wie im einleitenden Teil des Artikels erwähnt – ein Thema bei Tätigkeiten höherer Belastung, so auch im Bergsport. Durch eine sportmedizinische Leistungstestung lässt sich die Wahrscheinlichkeit reduzieren, dass Herzerkrankungen unentdeckt bleiben. Nicht bekannte und somit nicht behandelte Herzerkrankungen sind hauptverantwortlich für Herztode im Sport.
Ich als Sportmediziner und jahrzehntelanger Ausdauerathlet mit Liebe zum Bewegen in den Bergen möchte zum Schluss noch bekunden: speziell wir Männer
…. sind nicht mehr so fit wie in früheren Zeiten – ein altersassoziierte Abfall der Leistungsfähigkeit ist normal
…. haben zwar viel Erfahrung. Dennoch treten manchmal Schwierigkeiten auf, wo die Erfahrung alleine nicht ausreicht.
Wir sind nicht unzerstörbar und wir stehen nicht über ALLEN Dingen
Das Leben ist eine Wahrscheinlichkeitsrechnung: wenn man die Wahrscheinlichkeit, dass eine Bergtour gut und sicher verläuft, hoch halten möchte, ist eine Vorbereitung darauf über Monate, vonnöten. Niedrigintensives Ausdauertraining, Krafttraining sowie ´Bewegen im Gelände´ sowie zumindest ´dann und wann´ eine sportmedizinische Belastungsuntersuchung möchte ich empfehlen
Der Autor:
Dr. Ronald Ecker
Arzt für Allgemein- und Sportmedizin
Einladung zum Vortrag
mit Triathletin Simone Kumhofer
Darmgesundheit im {Spitzen) Sport - welchen Einfluss Bewegung und Ernährung auf unsere Mikrobiota hat!
Mittwoch, 16.11.2022, 19.00 Uhr Dr. Ronald Ecker
RE.Vital Marchtrenk - Therapie- und Trainingszentrum
Goethestraße 12, 4614 Marchtrenk
Referentin
Simone Kumhofer, BA, BSc, MSc - Ernährungswissenschaftlerin
Anmeldung erforderlich unter